Neue Berichtspflichten: So können Unternehmen die EU-Vorgaben für sich nutzen

Seit dem 1. Januar 2024 gelten für Unternehmen per EU-Verordnung erweiterte Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.
NRL Transferworkshop
Marit Mohr vom Teilvorhaben 4.1 auf dem NRL Transferworkshop am 24.04.2023 in Hamburg. Foto: Daniel Reinhardt

Autorin: Marit Mohr, Norddeutsches Reallabor

Seit dem 1. Januar 2024 gelten für Unternehmen per EU-Verordnung erweiterte Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Welche Herausforderungen, aber auch Chancen die neuen Pflichten bedeuten – mit diesen und anderen volkswirtschaftlichen Fragestellungen beschäftigen wir uns im Teilvorhaben 4.1 innerhalb des Projekts „Norddeutsches Reallabor“ (NRL).

Das NRL ist ein Verbundprojekt, das neue Wege zur Klimaneutralität erproben will. Dazu werden Produktions- und Lebensbereiche mit besonders hohem Energieverbrauch schrittweise auf erneuerbare Energieträger umgestellt – insbesondere in der Industrie, aber auch in der Wärmeversorgung und im Mobilitätssektor. In der wissenschaftlichen Begleitforschung werden neben den technologischen auch die volkswirtschaftlichen Potenziale betrachtet. Hier berichten wir aus dem Teilvorhaben 4.1 „Volkswirtschaft, Arbeitsmarkt und Qualifizierung“ von unserer Arbeit.

In unserem Teilvorhaben arbeiten wir an zwei verschiedenen Forschungsschwerpunkten. Unsere Kollegen am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) betrachten, was für Auswirkungen die NRL-Praxisvorhaben auf die Volkswirtschaft in Norddeutschland haben. Am Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E) beobachten und bewerten wir in einem zweiten Forschungsschwerpunkt die stetige Marktsituation des Segments „Sustainable Finance“ und identifizieren somit neue Finanzierungspotentiale im Bereich Sektorenkopplung und Wasserstoff.

Was Sustainable Finance genau bedeutet?  Gemeint ist die Praxis, bei Investitionsentscheidungen ESG-Kriterien zu berücksichtigen, um umweltfreundliche und nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu fördern. ESG steht für „Environment“, „Social“ und „Governance“ und fasst folglich die drei Nachhaltigkeitsbereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zusammen.

Verpflichtendes EU-Berichtswesen

Um ESG-Kriterien bei Investitionsentscheidungen ausreichend berücksichtigen zu können, ist vor allem eine transparente Datengrundlage notwendig. Dafür hat die EU-Kommission in den letzten Jahren eine Reihe von Maßnahmen angestoßen, darunter auch eine Verordnung zur erweiterten Nachhaltigkeitsberichterstattung, die „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD). Die neuen EU-Berichtspflichten gelten ab dem Geschäftsjahr 2024 (erste Berichterstattung in 2025) für Unternehmen mit über 500 Mitarbeitenden. Ab dem Geschäftsjahr 2025 sind auch Unternehmen, die zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen, verpflichtet, nach den CSRD-Standards zu berichten: Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, einer Bilanzsumme von 25 Millionen Euro oder einem Umsatz von über 50 Millionen Euro.

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung hat auch die EU-Taxonomie-Verordnung eine wesentliche Funktion. Sie definiert einheitliche Kriterien für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten mit einem Fokus auf ökologische Nachhaltigkeit. Unternehmen und Finanzinstitute müssen ihre Wirtschaftsaktivitäten künftig auf Konformität mit den Taxonomie-Kriterien prüfen und den taxonomiekonformen Anteil offenlegen.

Identifikation von ESG-Risiken liefert wichtige Handlungsimpulse

Die Konformität mit ESG-Kriterien wird eine zunehmende Rolle für den Erfolg von Unternehmen und Geschäftsmodellen spielen. Nicht nur für die Transparenz nach außen, sondern auch für die Zukunftssicherung der eigenen Geschäftstätigkeiten liefert eine Prüfung auf die Einhaltung von ESG-Kriterien wichtige Impulse. Durch die Identifikation und Beseitigung von ESG-Risiken können nicht nur kritische unternehmerische Handlungsfelder identifiziert werden, sondern auch die Finanzierungsfähigkeit des Geschäftsmodelles, z.B. durch Fremdkapital, abgesichert werden.  Für das NRL analysieren wir am CC4E daher nicht nur die Anforderungen, sondern auch die Chancen, die sich für die Partnerunternehmen auf Basis der regulatorischen Rahmenbedingungen im Bereich Sustainable Finance abzeichnen.

Die Energiewende als Chance für den Wirtschaftsstandort Norddeutschland

Unsere Kollegen am HWWI betrachten in ihrem Forschungsschwerpunkt die volkswirtschaftlichen Potenziale, die in Zusammenhang mit der Umsetzung der NRL-Praxisvorhaben stehen. Sie entwickeln in enger Abstimmung mit weiteren wissenschaftlichen Arbeitsgruppen des NRL sowie auf Basis der Erkenntnisse aus den Erprobungsvorhaben volkswirtschaftliche Szenarien. Diese dienen als Basis für modellgestützte Simulationen von Wertschöpfung und Beschäftigung auf Branchenebene. Die Ergebnisse der Simulationen sind ein wichtiger Beitrag zur Dokumentation der ökonomischen Relevanz des Gesamtvorhabens NRL. So trägt das Teilvorhaben 4.1 auch dazu bei, dass die Auswirkungen der im NRL erprobten Technologien auf die Beschäftigung in Norddeutschland und die damit verbundene Wertschöpfung frühzeitig sichtbar werden.

Beteiligte Partner im NRL Teilvorhaben 4.1: Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E)/Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg), Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI)

Dieser Beitrag ist ebenfalls auf dem Blog des Clusters Erneuerbare Energien Hamburg erschienen.

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