Autor: Leon Schröter, CC4E/HAW Hamburg
Am Biogas- und Kompostwerk (BKW) Bützberg der Stadtreinigung Hamburg (SRH) wird alles andere als Stillstand verwaltet: Erst im Frühjahr dieses Jahres feierte der Standort das Richtfest für eine neue Rottehalle, mit der die Kapazitäten verdoppelt werden sollen. Nun wurde die Inbetriebnahme eines neuen Elektrolyseurs gefeiert, der eine tragende Rolle in einem Erprobungsvorhaben des Norddeutschen Reallabors spielt.
In dem Werk nördlich der Stadt wird bereits seit über einem Jahrzehnt Biogas aus Abfällen erzeugt, um klimafreundliche Energie zu produzieren. In Zukunft wird nun ein Elektrolyseur dafür sorgen, dass die Gewinnung des Biogases nach wie vor klimaneutral, jedoch noch ertragreicher abläuft. NRL-Projektkoordinator Mike Blicker betont:
„Die Inbetriebnahme des Elektrolyseurs am Biogas- und Kompostwerk Bützberg ist ein bedeutender Meilenstein. Er verdeutlicht, warum geförderte Verbundprojekte wie das Norddeutsche Reallabor für die Energiewende so entscheidend sind: Sie schaffen den Rahmen, in dem Forschung und Praxis eng verzahnt zusammenarbeiten können. So gelingt es, innovative Verfahren wie den Einsatz von grünem Wasserstoff in der Bioabfallvergärung aus der Idee in die Anwendung zu bringen.“
Ein Projekt für Hamburg
Angeliefert wurde der 1-MW-Elektrolyseur bereits im August 2024. Seine Integration in das Biogas- und Kompostwerk Bützberg ermöglicht es, dass sich die Produktionsmenge von Biomethan sich im nun gestarteten Forschungsbetrieb um 20% erhöhen lässt. Insbesondere nach dem erfolgreichen Hamburger Zukunftsentscheid braucht es Projekte wie dieses, um schnell zu einer klimaneutralen Stadt zu werden. Bei der Inbetriebnahme, die auch ein Zeichen für die Bemühungen der Stadt und ihrer öffentlichen Einrichtungen ist, war deswegen auch die Hamburger Umweltsenatorin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank zu Gast:
„Der heute eingeweihte Elektrolyseur am BKW Bützberg ist mehr als nur ein technisches Bauteil – er ist Symbol und Motor für eine nachhaltige Zukunft. Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen werden nicht nur Hamburg, sondern auch anderen Kommunen und Regionen wertvolle Impulse für die Transformation ihrer Energiesysteme geben“.
Wasserstoff als chemischen Stoff nutzen
Dass Wasserstoff ein Energieträger mit viel Potential ist, wissen Energiewende-Interessierte bereits. Doch Wasserstoff kann noch mehr: Auch als chemischer Baustein entfaltet er großes Potenzial. Bei der klassischen Biogaserzeugung entsteht ein Gasgemisch, das hauptsächlich aus Methan (CH₄) und Kohlendioxid (CO₂) besteht. Der CO₂-Anteil ist dabei nicht brennbar und kann energetisch nicht genutzt werden. Wird dem Prozess jedoch (grüner) Wasserstoff (H₂) zugesetzt, reagiert dieser mit dem enthaltenen CO₂ und bildet daraus zusätzliches Methan (CH₄) und Wasser (H₂O). So wird ein Teil des bisher ungenutzten CO₂ in nutzbares Methan umgewandelt – das Biogas wird also quasi „aufgewertet“. Im Ergebnis erhält man so mehr nutzbare Energie aus demselben Bioabfall – und das klimaneutral.
Das im NRL angesiedelte Teilvorhaben 6.2 „Synergie von Power to Gas und Bioabfallbehandlung“ wird verantwortet von einem Team um Sven Robert Ganschow und Marcel Schröder (MVR Müllverwertung Rugenberger Damm/Stadtreinigung Hamburg). Es gliedert sich in die Projekte zur Wasserstofferzeugung in der Modellregion ein und wird noch bis 2027 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) gefördert. Forschungspartner im NRL ist das Institut für Circular Resource Egineering und Management (CREM) der Technischen Universität Hamburg (TU Hamburg). Bereits im vergangenen Jahr konnten wir im Interview mit zwei Forscherinnen der TU Hamburg tiefer in die chemischen und technischen Prozesse der Umstellung eintauchen.
