Industrielle Abwärme für 20.000 Haushalte: Wichtiger Schritt für die Hamburger Wärmewende

Die Nutzung von Industriewärme ist ein Schlüssel für die Energiewende. Aurubis und HEnW haben zum Jahresauftakt gemeinsam einen großen Meilenstein erreicht.
Die Hamburger Kupferhütte der Aurubis AG liefert in Kürze klimaneutrale Abwärme für das Hamburger Fernwärmenetz der Hamburger Energiewerke (HEnW) und versorgt damit rund 20.000 Haushalte. Foto: Aurubis

Autorin: Sandra Meyer-Ghosh, CC4E/HAW Hamburg, Pressesprecherin NRL

Es ist ein Leuchtturmprojekt für die Hamburger Wärmewende: Mit der Einweihung eines Wärmespeichers in Hamburg-Veddel haben Aurubis und die Hamburger Energiewerke (HEnW) am 9. Januar 2025 symbolisch die Lieferung von Industriewärme aus der Hamburger Kupferhütte des Multimetallkonzerns gestartet. Die beiden Unternehmen schaffen damit die Voraussetzungen, dass künftig bis zu 20.000 Hamburger Haushalte klimaneutral heizen können und bis zu 100.000 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden.

Das Projekt ist in seiner Größe und Komplexität einzigartig in Deutschland – und trägt als assoziiertes Vorhaben massiv zu den CO2-Einsparungen im Rahmen des Norddeutschen Reallabors (NRL) bei. Wir erklären hier, wie die Nutzung der industriellen Abwärme des Multimetallunternehmens genau funktioniert.

Wärmespeicher mit Thermoskannen-Prinzip

Die Wärme entsteht im Aurubis-Werk Hamburg in der sogenannten Kontaktanlage, in der in mehreren Prozessschritten Schwefelsäure als Nebenprodukt der Kupferraffination hergestellt wird. Dieser Prozess ist eine exotherme chemische Reaktion, bei der CO2-freie Wärme auf einem Temperaturniveau entsteht, das sich gut für die klimaneutrale Fernwärmeversorgung eignet. Die Technologie wird seit 2018 erfolgreich im Aurubis-Werk für die Wärmelieferung an enercity zur Versorgung der östlichen HafenCity und Rothenburgsort eingesetzt und nun deutlich erweitert.

Die Wärmeproduktion bei Aurubis und der Wärmebedarf der Fernwärmekunden fallen oft zeitlich versetzt an. Daher wird die ausgekoppelte Industriewärme in Form von 105 Grad Celsius heißem Wasser im nahe gelegenen Druckwärmespeicher der Hamburger Energiewerke zwischengespeichert, den die Hamburger Energiewerke kürzlich auf der Veddel fertiggestellt haben. Der Wärmespeicher ist heute bereits mit bis zu vier Millionen Litern Heißwasser der Aurubis-Wärme befüllt und funktioniert ähnlich wie eine Thermoskanne: Bei Bedarf wird die hier gespeicherte Wärme in das über 860 Kilometer lange Stadtnetz der Hamburger Energiewerke eingespeist. Bis zur tatsächlichen Aufnahme der Industriewärmelieferung werden noch letzte Arbeiten zu ihrer Einbindung in das Stadtnetz durchgeführt.

Auf dem Weg zum Kohlausstieg

Die Wärmelieferung soll noch in der aktuellen Heizperiode 2024/25 beginnen. „Die Aurubis-Abwärme bringt uns dem Kohleausstieg in Hamburg einen weiteren Schritt näher“, so Michael Prinz, Geschäftsführer der Hamburger Energiewerke GmbH, bei den Inbetriebnahme-Feierlichkeiten. „Sie steht stellvertretend für das große Abwärmepotenzial am Standort Hamburg, das wir für unsere neuen Energieparks und die zukünftig klimaneutrale Fernwärmeversorgung erschließen. Mit der Einbindung von Industriewärme in dieser Größenordnung setzen wir gemeinsam mit Aurubis deutschlandweit Maßstäbe für die Wärmewende.“

Den hohen Innovationsgrad betonte auch Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher: „Mit solchen Projekten können große Fortschritte auf dem Weg zur klimaneutralen Metropole Hamburg erreicht werden. Wir verbinden Industrie und Klimaschutz, stärken die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes und setzen unseren Klimaplan um, der ambitionierte CO2-Ziele für die Stadt Hamburg beinhaltet.“

Gefördert wurde das Vorhaben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und der Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg). Und das aus gutem Grund: Die Erschließung von Abwärmepotenzialen wird in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Insbesondere Rechenzentren für künstliche Intelligenz und Elektrolyseure für die Wasserstofferzeugung werden zukünftig Abwärme erzeugen, die sinnvoll für die Fernwärmeversorgung genutzt werden kann.

Meilenstein auch für das Norddeutsche Reallabor

Auch aus Sicht des Norddeutschen Reallabors ist das assoziierte Vorhaben ein wichtiger Meilenstein: „Die Wärmewende in den Fokus zu nehmen ist essentiell, wenn wir zeitnah Klimaneutralität erreichen wollen. Nach wie vor verursacht unsere Wärmeversorgung etwa ein Drittel der CO₂-Emissionen in Deutschland – das zeigt, wie dringend hier innovative Lösungen erforderlich sind“, so NRL-Koordinator Mike Blicker vom Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz der HAW Hamburg. „Das Projekt von Aurubis und den Hamburger Energiewerken demonstriert eindrucksvoll, wie industrielle Abwärme effektiv genutzt werden kann, um CO₂-Emissionen signifikant zu reduzieren. Als Teilvorhaben des Norddeutschen Reallabors unterstreicht es die Innovationskraft und den Willen zur Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Mit Projekten wie diesen schaffen wir die Grundlage für eine klimaneutrale Zukunft.“

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