NRL-Transformation Lab: Kann Wasserstoffmobilität in der Breite gelingen?

Im vierten NRL Transformation Lab kamen Anfang November rund 25 Mobilitätsexpert:innen zusammen und sprachen über Wasserstoff im Mobilitätssektor. Die Notwendigkeit zielgerichteter Förderungen, die zentrale Rolle der Tankstelleninfrastruktur und nicht zuletzt die Konkurrenz zur Elektromobilität waren Gegenstand spannender Debatten.

Autor: Leon Schröter, CC4E/HAW Hamburg, studentischer Mitarbeiter NRL-Kommunikation

Hamburg, 7. November 2024. Auch das letzte Event der Veranstaltungsreihe „NRL-Transformation Labs“ im Jahr 2024 bot reichlich Diskussionsstoff: Rund 25 Mobilitäts- und Energiewende-Expert:innen aus verschiedenen Unternehmen – darunter Akteure aus der Wasserstoffbranche, Mobilitätsdienstleister und Betriebe mit eigener Fahrzeugflotte – diskutierten am 7. November an drei unterschiedlichen Thementischen im betahaus im Hamburger Schanzenviertel. Der Titel der Veranstaltung „Wasserstoffantriebe auf der Straße: Chancen und Hemmnisse der H₂-Mobilität“ lässt es vielleicht vermuten: Die Zukunft der Wasserstoffmobilität ist noch offen.

Impulsvorträge aus der Perspektive zweier Schlüsselbranchen

Vorausgegangen waren den Diskussionen im Lab zwei Impulsvorträge aus der Praxis: Thomas Maas, Fuhrparkleiter bei der Stadtreinigung Hamburg, berichtete von den ambivalenten Erfahrungen mit zwei Brennstoffzellen-Abfallsammelfahrzeugen, die seit einem guten Jahr im Einsatz sind. Städtische Betriebe mit großen Fahrzeugflotten können ein guter Indikator sein, um den Fortschritt und die Zuverlässigkeit unterschiedlicher Mobilitätstechnologien zu erproben. Malte Sommer von H₂ Mobility ergänzte aus der Perspektive der Betreiber von Tankstellen, die als zentrale Infrastruktur für Wasserstofffahrzeuge für die Verbreitung ebendieser eine entscheidende Rolle spielen.

Hohe Einigkeit in der Analyse der Hemmnisse

Mit frischen Impulsen versorgt ging es dann in drei Runden an verschiedene Thementische. In nahezu allen Runden war auf die ein oder andere Weise die Frage nach staatlicher Unterstützung für den Bereich Wasserstoffmobilität ein großes Thema. Die Notwendigkeit temporärer Förderungen für die Errichtung von flächendeckenden Wasserstoffzapfsäulen und die Erprobung in unterschiedlichen Kontexten wurde immer wieder deutlich. Diese sollten zielgerichtet und dennoch auch für kleine und mittelständische Unternehmen mit angemessenem Aufwand beantragbar sein. Denn ganz ohne staatliche Anlaufhilfe und Planungssicherheit sei die Entwicklung der Wasserstoffmobilität hin zu einem sich finanziell selbst tragenden System in absehbarer Zeit kaum vorstellbar.

Der aktuelle Mangel an Fahrzeugen auf der Straße – ganz gleich, ob PKW oder Nutzfahrzeuge – hindert viele Tankstellenbetreiber daran, ihr Angebot an Zapfsäulen für die Wasserstoffmobilität auszubauen. Mit fehlender Gewissheit, dass auf den geplanten Routen problemlos nachgetankt werden kann, wagen jedoch auch nur wenige Unternehmen den Schritt in die Wasserstoffmobilität. Ein Kreislauf, den die Teilnehmer:innen des NRL Transformation Labs durchbrechen wollen.

Am Thementisch zum Thema Technologiereife. Foto: Louis Fraser/NRL.
Chancen im Massenmarkt oder eine Technologie für Spezialfahrzeuge?

Rege Debatten entsprangen auch aus der Frage, in welchen Bereichen Wasserstofffahrzeuge in Zukunft einen festen Platz einnehmen könnten. Für die Teilnehmer:innen war klar: Verbrennerfahrzeuge mit fossilen Kraftstoffen sind ein Auslaufmodell. Doch welche Chance haben Wasserstofffahrzeuge neben der bereits im Massenmarkt etablierteren Batterietechnik?

Eine Antwort könnte sich in Spezialfahrzeugen finden. So kann die Technologie Vorteile für Fahrzeuge bieten, die nahezu durchgängig im Einsatz sind oder über die reine Fahrleistung hinaus einen hohen Energiebedarf haben – etwa, weil sie besondere Aufbaumaschinen betreiben müssen. Gute Beispiele könnten Kehrmaschinen oder Saug-Spülfahrzeuge, aber auch Gepäckschlepper am Flughafen werden.

Doch am Diskussionstisch mit der Überschrift ‚Technologiereife‘ waren sich die Teilnehmer:innen uneins. Während einige die Hemmnisse vor allem wie zuvor beschrieben in Ausbau und Auswahl sahen, merkten andere an, dass sich bei aktuellen Realerprobungen zeige, dass Fahrzeuge mit Wasserstoffbrennstoffzellentechnologie in der Praxis noch nicht die gleiche Verlässlichkeit haben wie herkömmliche Verbrenner. Dabei spiele die Komplexität, aber auch die mangelnde Erfahrung neuer Akteure in der Branche eine Rolle. So zeigt sich: Es gibt noch einiges zu tun.

Auswertung der Erkenntnisse und öffentlicher Dialog

Mit dem Transformation Lab zur Wasserstoffmobilität kommen die fachspezifischen Transformation Labs mit Branchenexpert:innen nach vier Runden damit zum Abschluss. Organisiert wurden sie vom Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der HAW Hamburg im Rahmen des Teilvorhabens „Industrielle Transformation und Gesellschaftliche Teilhabe“. Nun gehen die Daten in die Auswertung und helfen bei der Erstellung von Szenarien und Handlungsempfehlungen, die im Rahmen des Norddeutschen Reallabors mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geteilt werden sollen.

Im neuen Jahr wird es dann ein öffentliches Transformation Lab geben, das sich an die breite Bevölkerung richtet. Hier können interessierte Bürger:innen ihre Meinung einbringen und eine Antwort auf die Fragen geben: Welchen Platz wird Wasserstoff in der Gesellschaft einnehmen? Wie blicken Menschen aus fachfremden Branchen auf das Thema? Und wie viel Akzeptanz lässt sich für diese neue Technologie finden? Denn genau diese Akzeptanz braucht es schließlich, damit die Energiewende gelingt.

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